Um die Lebenssituation und Lebensbedingungen in Rumänien bzw. in Temesvar etwas besser verstehen zu können, halte ich es vorerst für wichtig, einen kurzen Einblick in die Geschichte dieses Landes zu geben, welches fast vier Jahrzehnte lang unter einem brutalen, totalitären System litt. Die Situation, die wir heute mit all ihren Missständen und vor allem sozialen Problemfeldern in Rumänien finden, ist gezeichnet von den Überresten des Kommunismus und der Herrschaft Ceausescus. Nicolae Ceausescu, Führer der kommunistischen Partei, kam 1965 in Rumänien an die Macht. Mit seiner Misswirtschaft beuteten er und sein Familienclan das Land aus, welches er durch totale Überwachung- mittels Geheimpolizei, der sogenannten "Securitate"- in Schach hielt und kontrollierte. Der Umbruch jedoch kam aus unterster Ebene, vom Volk selbst. Hier setzt nun die bedeutende rumänische Revolution ein, in der Temesvar die entscheidende Rolle spielte. Die Bevölkerung der Stadt Temesvar war der Initiator der rumänischen Revolution 1989. Sie führte zwischen 16. und 20. Dezember 1989 den Kampf gegen das Regime. Hier begann der Aufstand, der doch letztlich das korrupte Regime stürzte und einen Einschnitt für die rumänische Geschichte bedeutete. Noch heute sind die Temesvarer stolz auf ihre Rolle und Bedeutung in der rumänischen Revolution. Nicolae Ceausescu wurde zusammen mit seiner Frau am 25. Dezember 1989 nach einem Militärgerichtsverfahren erschossen. Das Ende des Ceausescu-Regimes weckte nun die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Der wirtschaftliche und soziale Fortschritt blieb jedoch auch nach der Revolution noch weitgehend aus und noch heute befindet sich das Land in einer Lage, wo viele Missstände herrschen und der Umbruch nur sehr langsam, Schritt für Schritt stattfindet. Die Landwirtschaft hat zwar schon Fuß gefasst, die unrentable und veraltete Industrie ist jedoch noch sehr stark rückständig. Die sozialen Unterschiede sind gewaltig. Konsumwaren sind zwar großteils vorhanden, doch die Löhne der Bevölkerung sehr niedrig. Ein durchschnittliches Einkommen reicht kaum zum Leben. Besonders hart trifft es die Rentner. Um eine ungefähre Vorstellung zu bekommen: Während meines Praktikums lernte ich Doina kennen, eine pensionierte Volksschullehrerin. Sie erhält monatlich zirka 700 Schilling Pension, was in Rumänien als relativ hoher Betrag angesehen wird. Sie sagt jedoch selbst, dass sie äußerst sparsam sein muss, um damit halbwegs leben zu können. Man kann sich vorstellen, wie die Situation für Arbeiter aussieht. |
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